Die prominente Kryptowährung EOS hatte sich nach dem Start 2018 selbst einen als Verfassung (“Constitution”) bezeichneten Katalog von Grundregeln mit auf den Weg gegeben. In dieser wird auch ausdrücklich festgehalten, dass Änderungen nur durch Referenden mit mindestens 15 Prozent Wahlbeteiligung möglich sind. Dies wurde jetzt im EOS-Netzwerk ignoriert.
EOS zählt zu den Top Fünf der nach Marktkapitalisierung größten Kryptowährungen weltweit und ist unter denen, die Delegated Proof-of-Stake (DPos) als Protokoll einsetzen, die wohl wichtigste. Umso verstörender erscheint, dass die 21 Block Producer, die es bei EOS gibt, sich über Grundregeln des Netzwerks hinweggesetzt haben. Denn EOS hat sich mit einer Verfassung (“Constitution”) einst eine Art moralischen und technischen Kompass gegeben, wie bei Meinungsverschiedenheiten umzugehen ist. Die 21 Block Producer (Zeugen) sind nämlich bei DPos die Entscheider, um Transaktionen zu validieren. Festgehalten ist in der ursprünglichen Verfassung in Paragraph 11, dass dieses Dokument nur nach einem Referendum geändert werden kann, bei dem mindestens 15 Prozent Beteiligung erreicht wurde. Ein Token gilt dabei als eine Stimme.
Referendum über EOS-Verfassung verpasst Mindestbeteiligung
Als jetzt eine Änderung vorgeschlagen und darüber abgestimmt wurde, gab es aber nur 1,74 Prozent Beteiligung. Trotzdem sind alle Nutzer des EOS-Netzwerks automatisch dazu verpflichtet worden, die neue Version der Verfassung als maßgeblich zu beachten. Das ist insofern kritisch, weil sich die Zeugen bei schwierigen Entscheidungen in der Blockhain an eben dieser Verfassung orientieren sollen und die Möglichkeit haben, Blöcke manuell zu beeinflussen. Teile der Kryptoszene sprechen bereits von einem Monopol bei EOS, wenn sie die Block Producer meinen. Diese 21 besonderen Teilnehmer des Netzwerks aber finden ihre Entscheidung offenbar richtig, wie es beispielsweise EOS Canada deutlich macht: “EOS Kanada begrüßt die neue Nutzervereinbarung bei EOS”.
Was hat sich in der Verfassung bei EOS geändert?
Vorgeschlagen worden waren die Änderungen von Block Producer EOS New York. Sie entfernen diverse ethisch-moralische Punkte, Beispielsweise den Aufruf zur Gewaltfreiheit und das Verbot von Prejustiz. Stattdessen kommt die Verfassung, die als Nutzervereinbarung mit AGBs bei EOS vergleichbar ist, jetzt wesentlich technischer daher und konzentriert sich auf Hinweise für Risiken von Anlegern. Besonders wichtig: Bislang hieß, EOS wolle bei gestohlenen Private Keys Guthaben wiederherstellen. Dieses Passus ist gestrichen, jeder trage das Risiko selbst. Im Klartext: Die Block Producer, die an sich die Macht hätten, bei offensichtlichen Betrugsfällen einzuschreiten, distanzieren sich jetzt von dieser Lösung.
Was bedeutet die Entwicklung für EOS?
Der Kurs von EOS verlor zuletzt, aber ein direkter zeitlicher Zusammenhang mit den Änderungen der Verfassung ist nicht eindeutig. Allerdings hatten auch im November 2018 fundierte Zweifel daran, ob EOS wirklich durch eine echte Blockchain organisiert werde, Anleger unbeeindruckt gelassen. Klar wird durch die Vorfälle, dass DPoS bei EOS daran krankt, dass der theoretisch vorgesehene Prozess von permanenten Wahlen der Block Producers mangels Beteiligung nicht stattfindet.
Das Gros der 21 mächtigen Block Producer scheint sich informell untereinander einig zu sein und sich an den Block Rewards zu erfreuen. Die Anleger wiederum, die durch ihre Token Stimmrechte ausüben könnten, nehme dieses Recht nicht in Anspruch. Ein schaler Beigeschmack bleibt so auf jeden Fall bei EOS, wenn man Transparenz und Dezentralisierung als wichtige Argumente für Kryptowährungen betont. Dazu passt, dass sich die EOS-internen Regulierer aka Block Producers in der Vergangenheit nicht um Verfassungsbeschwerden gekümmert haben. Ein Bericht legt nahe, dass 2018 von fast 900 eingereichten Beschwerden nur 2 entschieden wurden. Trotzdem: Die Blockchain von EOS läuft an sich stabil, auch dank der Block Producer, und die Kryptowährung hat sich als feste Größe etabliert. An DPoS als Verifizierungsprotokoll sind aber Zweifel erlaubt und wirklich dezentralisiert ist EOS auf keinen Fall.
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