Ethereum Classic (ETC) hat Probleme: In der dazugehörigen Blockchain ist plötzlich ein neuer Miner aufgetaucht, der mehr als 50 Prozent der Hashrate übernommen hat. Ob es sich dabei tatsächlich um eine 51%-Attacke handelt, ist unklar. Laut ETC könnte hinter den Ereignissen auch der Probelauf von neuen ASIC Minern vom Hersteller Linzhi stecken, diese weisen aber die Vorwürfe zurück. Coinbase behauptet aktuell sogar, dass durch Double Spendings ETC im Wert von 1,1 Mio. US Dollar gestohlen wurden.
Aufregung in der Krypto-Szene: Bei Ethereum Classic (ETC) sind auffällige Unregelmäßigkeiten aufgetreten. Laut Etherchain (der bekannteste ETC Block Explorer) handelt es sich um eine sogenannte 51%-Attacke, bei der ein Mining-Pool in der Blockchain die Mehrheit der Rechenleistung (Hashpower) übernimmt und so theoretisch in der Lage ist, Blöcke zu manipulieren. Wer die Mehrheit der Hashingpower kontrolliert kann beliebig Blöcke der Blockchain anhängen und damit beliebig Transaktionen bestätigen auch wenn es sich dabei um Double Spendings handelt.
We can confirm that there was a successful 51% attack on the Ethereum Classic (#ETC) network with multiple 100+ block reorganization. We recommend all services to closely monitored the chain and significantly increase required confirmations.
— Bitfly (@etherchain_org) January 7, 2019
Die Kryptobörse Coinbase meldet in ihrem Blog, dass mindestens 20 Blöcke aufgetaucht seien, bei denen insgesamt doppelte Transaktionen im Wert von rund 1,1 Millionen US-Dollar ausgelöst wurden. ETC selbst bleibt auf Twitter vorsichtig mit der Beschreibung der Ereignisse: Coinbase habe keinen Kontakt zu ETC persönlich aufgenommen, deshalb könne man zu den doppelt gebuchten Blöcken derzeit nichts Näheres sagen. Die 51%-Hashrate beim ETC sei möglicherweise auf einen Testlauf neuer leistungsstarker ASICs von Linzhi zurückzuführen, postete ETC. Dann handle es sich um keine gezielte Attacke, sondern einfach um Mining.
To be clear we are making no attempt to hide or downplay recent events.
Facts are facts and as the situation develops we'll soon get a full picture of what actually took place.
Linzhi is testing ASICS. Coinbase reported double spends; both may be true.In time we will see. https://t.co/bbq6eqIoiS
— Ethereum Classic (@eth_classic) January 7, 2019
Die Behauptung, dass Linzhi neue ASIC Miner testet werden vom Unternehmen mittlerweile kategorisch zurückgewiesen.
Zeitleiste des möglichen Angriffs auf den ETC
Laut Coinbase läuteten bei der Kryptobörse schon am Samstagabend (5. Januar 2019) die Alarmglocken, weil das System eine Reorganisation der ETC Blockchain meldete und einen doppelt gebuchten Block. Deshalb entschied man sich am Sonntagmorgen (6. Januar 2019) , den Handel mit ETC zeitweise auszusetzen. Ebenfalls am Sonntag twitterte ETC: Man wisse von den Gerüchten über einen Angriff auf das Netzwerk, doch die Blockchain funktioniere normal.
Am Montag (7. Januar 2019) dann die Kehrtwende auch bei ETC: In einer Notiz an die Kryptobörsen erbat man darum mehr Bestätigungen bei den Transaktionen abzuwarten. Börsen und Nutzern wird aktuell empfohlen mindestens 400+ Bestätigungen (Confirmations) einzuholen bevor eine Transaktion als gültig angesehen werden kann. ETC retweetete dann zudem Meldungen über eine 51%-Attacke, allerdings ohne sie näher zu kommentieren. Stand Dienstagmorgen, 8. Januar 2019: ETC kann die Doppelbuchungen bei Coinbase nicht nachvollziehen und glaubt, dass ASIC-Hersteller Linzhi eher zufällig die Kontrolle über die Blockchain übernommen hat und keinen Angriff plante. Man untersuche die Situation weiterhin. Allerdings hat Linzhi wie bereits erwähnt diesen Vorwurf zurückgewiesen. Bei Coinbase bleibt der Handel mit ETC vorerst ausgesetzt und auch andere Börsen haben den Handel mit Ethereum Classic pausiert. Die Situation ist also weiterhin noch nicht vollständig geklärt.
Wie sind die Ereignisse beim ETC einzuschätzen?
Das Risiko einer 51%-Attacke liegt im Grundkonzept aller Proof-of-Work Blockchains (so auch bei ETC). Die nächsten Stunden und Tage dürften Klarheit dazu bringen, was wirklich passiert ist. Auf jeden Fall ist es wieder einmal erschreckend, wie einfach eine Kryptowährung mit 500 Millionen Euro Marktkapitalisierung Opfer einer 51% Attacke werden kann. Auf der Seite Crypto51.app kann jeder nachschauen wieviel es kostet eine 51% Attacke bei einer Proof-of-Work Kryptowährung für 1 Stunde durchzuführen. Bei ETC liegen die Kosten dafür nur bei erschreckenden 4.712 US Dollar.
Was steckt hinter Ethereum Classic
Die Kryptowährung Ethereum Classic ist aus dem DAO Hack bei Ethereum entstanden. Damals stritt sich die Ethereum Community darüber, ob die gestohlenen Ether für ungültig erklärt werden sollen oder ob sie weiter normal bestehen bleiben sollten. Einige Vertreter der Ethereum Community waren damals der Meinung, dass die Dezentralität über alles steht und die Ethereum Foundation und die Programmierer nicht einfach dort eingreifen sollten. Daher hat sich Ethereum in 2 Lager und damit 2 Varianten aufgespalten. Zum einen gab es weiter Ethereum (ETH), bei der Variante wurden die gestohlenen Guthaben aus dem DAO Hack für ungültig erklärt und dann gab es neu Ethereum Classic (ETC), bei dieser Variante blieben die Ether weiter im Umlauf. Daher gibt es heute auch mehr Ethereum Classic Coins (aktuell 107 Mio.) als Ethereum Coins (aktuell 104 Mio.), obwohl die Mining Geschwindigkeit bei beiden gleich ist.
Im Vergleich zu Ethereum will Ethereum Classic beim Proof-of-Work Algorithmus bleiben, der das ernergieaufwendiges Mining erfordert. Ethereum will zu Proof-of-Stake wechseln, bei dem kein Mining mehr erforderlich ist. Wie anfällig Proof-of-Work ist bei kleineren Kryptowährungen zeigt die aktuelle 51% Attacke.
Ethereum Classic ist aktuell die 18 größte Kryptowährung der Welt mit einer Marktkapitalisierung von über 500 Millionen US Dollar. Der Kurs von Ethereum Classic ist derzeit nur um 5% zurückgegangen im Vergleich zu gestern. Das er nicht mehr gefallen ist dürfte vor allem daran liegen, dass die meisten Börsen den Handel mit ETC ausgesetzt haben. Hier ist zu erwarten, dass ETC weiter fällt sobald der Handel wieder aufgenommen wird.
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