Celsius: Darum doxt insolvente Krypto-Plattform Hunderttausende Kunden

Die Krypto-Plattform Celsius befindet sich seit Juli in einem Insolvenzprozess mit mehr als 1 Milliarden US-Dollar Schulden. In dem Verfahren veröffentlicht Celsius Daten von rund 600.000 Kunden. Aber warum eigentlich?

Die Kryptoszene reibt sich verwundert die Augen: Etwa 600.000 Datensätze zu Kunden der insolventen Plattform Celsius sind öffentlich geworden. Auf der Webseite Celsiusnetworth (Celsiusnetworth.com) kann man gezielt nach Namen suchen und dann erfahren, ob die Person Kunde von Celsius war und wie viel Geld in welchen Kryptowährungen sie dort ausstehen hat. Damit öffnet sich sogenanntem Doxing die Tür weit, also dem öffentlichen Schlechtmachen anderer. Befürchtet wird auch, dass die Daten zu Drohungen und Diebstählen führen können. Wie kommt es aber überhaupt dazu, dass Celsius seine Kundendaten offenlegt?

Im Insolvenzverfahren, welches Celsius Mitte Juli einleitete, wurde die Option Chapter 11 gewählt, welche eine Reorganisation in Eigenverantwortung anstrebt. Gerichtlich wurde Celsius dabei auferlegt, Kundenlisten mit Finanzdetails zu veröffentlichen, um Transparenz herzustellen. Celsius wehrte sich zwar gegen die weitreichende Offenlegung, erreichte aber nur, E-Mail-Adressen und Wohnadressen zu verschleiern. Den Gerichtsbeschluss findet ihr hier. Celsius hatte auch Kunden aus Deutschland, insbesondere solche, die über Bitcoin Ertragskunden der Nuri Bank vermittelt wurden.

Celsius hatte argumentiert, dass die Kundenliste einen Wiederverkaufswert habe und deshalb unter Verschluss bleiben sollte. Die schlichte Webseite Celsiusnetworth mit den nun umstrittenen Informationen wurde anonym angelegt und stützt sich offenbar auf Gerichtsdokumente. Fast 30.000 Seiten Unterlagen von Celsius wurden vergangene Woche an das Insolvenzgericht übermittelt und so öffentlich. Ob Celsius die Chance hat, einen rettenden Investor zu finden, bleibt fraglich. Mindestens 1,2 Milliarden US-Dollar soll das Finanzloch von Celsius betragen und ein solcher Sanierungsfall scheint wenig attraktiv.

Inwiefern die detaillierte Kundenliste von Celsius nun tatsächlich Doxing provoziert, ist schwer zu beurteilen. Aber der Gedanke, öffentlicher Schadenfreude wegen Geldverlusten durch Celsius ausgeliefert zu sein, dürfte kaum jemanden erfreuen. Dazu kommt: Ob Celsius Kunden überhaupt entschädigen kann und wird, ist ungeklärt. Derzeit sammelt Celsius über diese Webseite Kundenforderungen.

Fazit: Insolvenz von Celsius zieht weiter Kreise

Wer geglaubt hat, die Kundendaten von Celsius kursieren online wegen eines Hacks, lag falsch. Die jetzige Situation ist Folge einer richterlichen Anordnung und man hat wohl keine Chancen, von der Liste gestrichen zu werden. Der Ärger, den Celsius Kunden verspüren, bleibt aber nachvollziehbar. Denn Privatsphäre bei Geldgeschäften ist nicht nur in der Kryptoszene ein hohes Gut und wird hier in einer Form untergraben, welche im deutschen Rechtssystem nicht vorstellbar wäre.


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