Das deutsche Start-up Savedroid mit seiner Kryptowährung namens SVD steht wegen einer undurchsichtigen ICO und Geschäftsgebaren seit Längerem in der Kritik. Nun erstaunt Advanced Bitcoin Technologies, in das Savedroid aufgegangen ist, mit Kurssprüngen an der Börse.
Wenn Start-ups richtig loslegen wollen, suchen die Gründer normalerweise nach Kapital für die Anschubfinanzierung. So weit, so gut. In der Kryptobranche allerdings sind die Methoden, mit denen Investoren gefunden werden, immer wieder umstritten und wiederholt im Nachhinein vor Gericht oder von Aufsichtsbehörden als illegal eingestuft und mit Strafzahlungen sanktioniert worden. In Deutschland scheint Savedroid heißer Kandidat für eine Spitzenposition unter den Projekten, bei denen hinter sich selbstbewusster PR für Anleger wenige oder gar keine geldwerte Aktionen stehen. Savedroid konnte bei der ICO seines Token SVD 2018 wohl rund 40 Millionen Euro einsammeln, doch SVD stürzte im Kurswert ab und Savedroid erreichte laut Selbstauskunft nie nennenswerte Umsätze. Die Savedroid-Gründer um Yassin Hankir brachten daraufhin ein Unternehmen namens Advanced Bitcoin Technologies (ABT) an die Börse Düsseldorf. Jetzt zeigt ABT dort Kurssprünge nach oben, allein im Januar bewegte sich die Notierung für die ATB Aktie von 8 auf 15 Euro. Nicht nur auf Twitter wittern Kritiker, dass bei Savedroid und ABT nicht alles mit rechten Dingen zugeht.
https://twitter.com/cryptobass/status/1217443546095112196
Hintergrund zu Advanced Bitcoin Technologies und Savedroid
Die Idee hinter Savedroid war und ist, Nutzern der entsprechenden App etwa durch selbstgesetzte Regeln das Geldsparen zu erleichtern. Das Konzept von Savedroid fand großes und auch lobendes Medieninteresse, doch offensichtlich wesentlich weniger Anklang bei der anvisierten Kundengruppe. Im Bundesanzeiger wurden für Savedroid laut letztem vorliegenden Jahresabschluss für 2018 lediglich gut 65 Euro (!) Provisionserlös angegeben, dabei sollte Savedroid gerade durch solche Provisionen seine Gewinne erzielen. Kein Wunder also, dass SVD ins Bodenlose fiel und mit Tagesumsätzen von wenigen Euro zum Shitcoin geworden ist. Anleger klagen und die Staatsanwaltschaft ermittelt, wie berichtet geht es auch um Betrugsvorwürfe.
Trotz dieser brenzligen Situation brachten Yassin Hankir und seine Mitstreiter im August 2019 die Aktiengesellschaft Advanced Bitcoin Technologies an die Börse Düsseldorf. Die Erstnotierung lag bei 1,00 Euro, ABT konnte auf hinterlegte 250.000 Euro für die 250.000 Aktien verweisen. Noch im gleichen Jahr aber wurde Savedroid bei ABT im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung eingebracht und dabei auf Grundlage der ICO-Erlöse mit knapp 40 Millionen Euro bewertet. Dies mutete wegen der juristischen Risiken bei Savedroid bereits ziemlich gewagt an, doch die Geschichte geht weiter.
Denn die Charts für ABT zeigen schon 2019 deutliche Kursgewinne, das Börsenjahr schließt für ABT bei 8 Euro. Bei knapp 20 Millionen ABT-Aktien, die aus der Sachkapitalerhöhung resultierten, war ABT also zum Jahreswechsel bereits angeblich etwa 160 Millionen Euro wert, wohlgemerkt als Unternehmen ohne nennenswertes operatives Geschäft. Im Januar 2020 ging es für die ABT Aktie dann weiter steil aufwärts, mittlerweile wird sie bei 15 Euro notiert und Advanced Bitcoin Technologies wäre so theoretisch fast 300 Millionen Euro wert.
Wo der Haken dabei liegt? Nun, ABT ist in Düsseldorf nur im Freiverkehr hier notiert. Bei dieser Methode gelten erleichterte Zulassungsregeln und – besonders wichtig – Makler können den Aktienwert taxieren, wenn keine Handelsumsätze vorliegen. Genau dies passiert bei ABT, obwohl laut Angaben auf der eigenen Webseite mehr als 13 Prozent der Aktien im Streubesitz sind. Im Klartext: Aktienkurs von ABT und der daraus resultierende Wert des Unternehmens beruhen derzeit nicht auf den Ergebnissen von Börsenhandel, sondern werden abstrakt festgesetzt.
Das führt zu einem Verdacht: Die Gründer und Mehrheitseiseigner von ABT um Yassin Hankir könnten darauf spekulieren, dass sich Anleger durch die positiven Charts (und dem Unternehmensnahmen) verleiten lassen, ABT Aktien zu erwerben. Profitieren könnten davon Hintermänner, denn die Gründungsaktionäre von ABT sollen sich freiwillig mit einer 2-jährigen Sperrfrist für den Handel mit ABT Aktien belegt haben.
Fazit: Lese Aktiencharts mit Hintergrundwissen und meide ABT/Savedroid
Für die mutmaßlich geschädigten Anleger in Savedroid Token (SVD) steht laut Sammelklägern ein erstinstanzliches Gerichtsurteil Ende Juli im Raum. Eigentlich sollten die vorliegenden Informationen bereits ausreichen, als Anleger einen weiten Bogen um Savedroid und SVD zu machen.
Mit dem Kunstgriff Advanced Bitcoin Technologies, der einen neuen Namen und Börsengang bescherte, hat sich aber eine Situation ergeben, in der Anleger ohne Hintergrundkenntnisse sich erneut durch erhebliche Gewinnchancen angezogen fühlen könnten. Wir verweisen deshalb nochmals darauf: Der Aktienkurs von ABT stützt sich nicht auf reale Umsätzen an der Börse und zudem hat ABT als Geschäftsmodell lediglich die Beteiligungen an Savedroid vorzuweisen. Die lässt die Alarmglocken schrillen. Die berechtigen Zweifel an der Seriosität von Advanced Bitcoin Technologies zeigen sich auch an den offiziell verlinkten Präsenzen bei Twitter und Facebook. Dort sind nicht nur keine Kommentare zur angeblichen Erfolgsstory an der Börse zu finden, sondern Advanced Bitcoin Technologies hat überhaupt nichts gepostet.
Unsere Einschätzung: Bei ABT und SVD handelt es sich um mehr als fehlgeschlagene Start-ups, die Indizien deuten auf systematisches Geldabschöpfen von naiven Anlegern hin.
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