Die weltgrößte Kryptobörse Binance erlebt eine ungewöhnlich starke Welle von Abhebungen, rund 4 Milliarden US-Dollar Kapital wurden in den letzten Tagen abgezogen. Was steckt hinter dem Trend?
Wenn sich bei Kryptobörsen ungewöhnliche Kapitalflüsse zeigen, schrillt bei Kunden der Alarm. Denn das jüngste Beispiel der insolvent gewordenen Plattform FTX zeigte: Wer noch schnell seine Guthaben in Bitcoin und Co. abhob, konnte verhindern, dass sein Geld in der Konkursmasse verschwindet. Vor diesem Hintergrund ist die Aufregung verständlich, die sich aktuell rund um den Marktführer Binance hochschaukelt. Daten-Analysen von Nansen zeigen, dass bei Binance allein in den letzten 24 Stunden Abhebungen im Vergleich zu Einzahlungen einen Abfluss von mehr als 1 Milliarde US-Dollar bedeuteten und über die vergangene Woche die Einlagen um fast 4 Milliarden US-Dollar schrumpften. Drohen jetzt auch Binance Probleme bei der Liquidität und ein anhaltender Abzug von Kapital?
Binance CEO Changpeng Zhao (CZ) sieht die Lage entspannt und fühlt sich dennoch gezwungen, per Twitter zu erklären und zu kommentieren. Zeitweise verzögerte Transaktionen in US-Dollar führt CZ auf die Arbeitszeiten von Banken zurück, sie sollen nun wieder wie gewohnt laufen. CZ erinnert daran, dass Binance während der heißen Phasen des Crash von FTX und zuvor im Mai beim Zusammenbruch des Ökosystem um Terra (LUNA ) mehr Abhebungen bearbeitete als aktuell. Es sei eben generell so: An manchen Tagen wird mehr Geld bei Binance eingezahlt als abgehoben, so CZ, und momentan ist das Verhältnis nun einmal umgekehrt. Doch die möglichen Domino-Effekte wie einen Bankrun will auch Zhao nicht ignorieren und holt weiter aus.
Er nutzt gleich mehrfach den Begriff “FUD” (Fear, Uncertainty and Doubt), der im Kryptojargon für böswillig gestreute Gerüchte steht. Kunden von Binance könnten laut CZ durch einen Medienbericht aufgeschreckt sein, dem zufolge der Kryptobörse in den USA eine Anklage wegen Geldwäsche und anderen illegalen Aktivitäten bevorstehe. Auch Skepsis in Bezug auf die zuletzt vorgestellte externe Buchprüfung bei Binance will CZ beiseite wischen und interpretiert die massiven Abhebungen deshalb als einen (unfreiwilligen) “Stresstest”, den Binance gerade bestehe.
Fazit: Gerät Binance in finanzielle Schwierigkeiten?
CZ hat sich einen Namen als ehrlicher Sprecher von Binance gemacht, der gebenenfalls nicht mit Selbstkritik spart. Aber auch bei FTX war mit Sam Bankman-Fried ein Liebling der Kryptoszene am Ruder, dessen Imperium sich in Notlage als ein auf Betrügereien gebautes Kartenhaus entpuppte. Insofern wäre es naiv, Schieflagen bei Binance auszuschließen. Allerdings liegen die von Binance gemeldeten Reserven bei immer noch fast 60 Milliarden US-Dollar und Auszahlungen werden laut Kunden weiterhin zügig und zuverlässig abgewickelt. Was aber klar wird: Mit dem Wegfall des Konkurrenten FTX ist die Marktführerschaft von Binance nochmals angestiegen und die herausgehobene Position führt fast automatisch dazu, dass sich die Gerüchteküche auf Binance stürzt.
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