Die französische Zentralbank treibt ihre Pläne voran, eine staatlich gestützte Digitalwährung (E-Euro) noch in 2020 auszuprobieren. Dabei soll die technologische Basis von externen Dienstleistern organisiert werden, wie aus einer Ausschreibung hervorgeht.
Noch vor einem Jahr hätte wohl kaum jemand damit gerechnet, welche Dynamik das Thema staatlich gestützter Digitalwährungen entwickelt. Doch dann machte Facebook im Juni 2019 seine Pläne für einen eigenen Stablecoin namens Libra öffentlich und die Zentralbanker begriffen: Libra hat das Potenzial, unsere Währungshoheit zu gefährden. Nach einer kurzen Phase abwehrenden Reaktionen entscheiden sich mittlerweile immer mehr Notenbanken dafür, eigene Alternative zu entwickeln. Frankreich hatte bereits im Dezember 2019 angekündigt, einen E-Euro testen zu wollen. Jetzt wird aus dem abstrakten Plan Wirklichkeit, denn die Banque de France hat eine Ausschreibung gestartet, mit der das Projekt in die Praxis umgesetzt wird.
Hintergrund zu Frankreichs Central Bank Digital Currency (CBDC)
Die französische Zentralbank definiert in ihrem Schreiben zunächst drei Einsatzfälle für den zu schaffenden E-Euro. Dieser soll dazu dienen können:
- gelistete und außerbörsliche Finanzinstrumente einzukaufen
- gegen digitale Währungen anderer Zentralbanken getauscht zu werden
- und für den Einkauf von Kryptowährungen und anderer digitaler Anlageformen genutzt zu werden.
Dabei nimmt man insbesondere große Summen ins Visier. Eine Nutzung der Central Bank Digital Currency (CBDC) im Alttag von Bürgern ist zunächst nicht vorgesehen, das Testprogramm richtet sich an Teilnehmer der Finanzmärkte.
Die Banque de France will die technologische Grundlage für ihre CBDC von externen Unternehmen, Forschungsinstituten oder ähnlichen Einrichtungen entwickeln lassen. Deshalb ruft sie Bewerber dazu auf, an der Ausschreibung teilzunehmen. Voraussetzung dafür sind ein Sitz in der EU oder mit der EU assoziierten Staaten sowie nachgewiesene Expertise in Sachen Kryptowährungen und Blockchains. Der Zeitplan ist eng gestrickt: Bis zum 20. April können noch Nachfragen gestellt werden, bis zum 15. Mai müssen die Bewerbungen eingereicht werden. Im Juni dann sollen ausgewählte Bewerber durch Interviews unter die Lupe genommen werden. Als Datum für die Entscheidung, wer am E-Euro mitarbeiten darf, ist der 10. Juli gesetzt, die Verträge sollen dann am 13. Juli unterschriftsreif sein.
Keine konkreten Vorgaben macht die Notenbank mit Sitz in Paris zu der Technologie, die angestrebt wird. Das System soll zwar automatisiert funktionieren, doch ob es dazu eine echte, dezentralisierte Blockchain nutzt oder auf eine Blockchain-ähnliche Lösung wie etwa IOTA zurückgreift, bleibt ausdrücklich offen. Interessant auch der Hinweis, dass für die Mitarbeit am Projekt keine Vergütung erfolgen soll, selbst Reisekosten müssen von den externen Firmen selbst getragen werden. Angesiedelt werden soll das Projektes in den Räumlichkeiten der Banque de France unter Federführung des Innovationsbüros.
Beteiligen sich Binance, IOTA und andere Größen am Pariser Experiment?
Wer die 14-seitige Ausschreibung genauer studiert, begreift schnell: Etablierte Projekte und Unternehmen aus der Kryptobranche hätten vermutlich gute Chancen, von der französischen Zentralbank bei ihrem Testlauf für den E-Euro berücksichtigt zu werden. Binance etwa hat schon im letzten Sommer unter den Namen “Venus” begonnen, ein Blockchain-System für Stablecoins zu schaffen. Oder IOTA beispielsweise mit Sitz in Berlin ist doch sein gebührenfreies Ökosystem geradezu prädestiniert für die Aufgabenstellung aus Paris. Auch Hedera Hashgraph als Projekt der Großindustrie könnte sich der französischen Offerte interessiert zeigen. Denn selbst wenn für den Arbeitseinsatz keine Bezahlung winkt, dürfte die Beteiligung für das Image und künftige Aufträge hilfreich sein. Bis zu zehn externe Kooperationspartner will die Banque de France einbinden.
Im Vergleich zu Deutschland ist Frankreich mit dem Vorstoß zunächst enteilt, hierzulande streiten sich Notenbank und Politik noch über Notwendigkeit und Sinn eines E-Euros. Doch der Blick auf den Globus zeigt: In Schweden lauft ein Test der E-Krone bereits, in Südkorea steht man in den Startlöchern, aus China dringen immer mehr Signale in Richtung eines baldigen Starts einer CBDC – die Liste erweitert sich in rasantem Tempo.
Für Anleger sind das ermutigende Zeichen. Denn Fachleute rechnen unisono damit, dass CBDCs der Kryptobranche Rückenwind verschaffen, sei es durch rechtliche Rahmenbedingungen oder durch mehr Akzeptanz für Kryptowährungen in der Bevölkerung.
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