TRON-CEO Justin Sun hat mit einem emotional geprägten Post auf Chinesisch um Entschuldigung bei Regulatoren gebeten und damit in der Kryptoszene für Aufregung gesorgt. Wird er in China festgehalten? Drohen ihm und TRON in der Volksrepublik juristische Probleme? Die Gerüchteküche brodelt.
Als ein Mann der leisen Worte ist TRON-CEO Justin Sun eigentlich nicht bekannt, im Gegenteil. Über Twitter und in China über Weibo sucht der 29-Jährige ständig die Öffentlichkeit und macht dabei meist Werbung für TRON und in einer eigenen Sache. Umso überraschender ist es da, was Sun am Donnerstag bei Weibo postete. Er habe das mit Starinvestor Warren Buffet geplante Treffen überpromotet und im jugendlichen Leichtsinn die Verantwortung seiner eigene Rolle als öffentliche Figur missachtet. Gleich mehrfach bittet Sun die – unspezifizierten – Regulatoren (13-mal erwähnt!) um Entschuldigung, lobt Chinas Fortschritt durch Sozialismus im Allgemeinen und bedankt sich bei älteren chinesischen Weggefährten, von denen er viel gelernt habe. Der Post wurde offenbar schon kurz nach Veröffentlichung wieder gelöscht, doch es kursieren Screenshots im Internet. Eine Übersetzung ins Englische hält Cryptoslate bereit. Tron (TRX) reagierte mit Kursverlusten auf die Geschehnisse, die in der Kryptoszene Fragen aufwerfen und für Gerüchte sorgen.
Was ist da mit Justin Sun wirklich passiert?
Schon als Justin Sun den für gut 4,5 Millionen US-Dollar ersteigerten Krypto-Lunch mit Investorenlegende Warren Buffet kurzfristig verschieben musste – angeblich wegen einer Nierenerkrankung -, mutmaßten einige Beobachter, der wahre Grund sei ein anderer. Justin Sun werde in China festgehalten, behaupteten diese Stimmen, und verwiesen in dem Zusammenhang auch auf den Polizeieinsatz bei TRON in Peking. TRON ist in China in einen massiven Betrugsfall verwickelt, wenn auch anscheinend nicht direkt beteiligt. Dort sollen Tausende von Bürgern insgesamt um etwa 30 Millionen US-Dollar erleichtern worden sein, von Betrügern in einem Schneeballsystem, die mit TRON und sagenhaften Renditen geworben hatten. Justin Sun trat jetzt den Gerüchten entgegen, dass er sich in China aufhalte, indem er bei Periscope ein Live-Video aus San Francisco ausstrahlte. Er fühle sich gesundheitlich besser und werde hoffentlich ab dem heutigen Freitag sein gewohntes Arbeitspensum wieder aufnehmen könne. Doch aus China kommen weiterhin offiziell unbestätigte Berichte, denen zufolge er dort auf einer Liste für die Grenzkontrollen stehe.
Warum entschuldigt sich TRONs Justin Sun öffentlich?
Wer sich etwas mit den Gepflogenheiten des sozialistischen Chinas ausgekannt, weiß: Das System greift gegen Kritiker durch und das Prinzip, öffentliche Entschuldigungen durch Drohungen zu provozieren, gilt als legitim. Der Post von Justin Sun beinhaltet all die Elemente, die solche gezielt eingeforderten Entschuldigungen braucht, vom Eingeständnis eigener Fehler über die Anerkennung der Behörden hin zu dem Versprechen, sich zu bessern und nicht mehr aus der Reihe zu tanzen. Unterwürfig klingt Sun, der mit seinem chinesischen Hintergrund im Reich der Mitte unter besonderer Beobachtung steht. Sein Statement bei Weibo gipfelt in der Ankündigung, sich von nun an öffentlich bedeckt zu halten und sich auf die technologischen Aspekte seiner Arbeit zu konzentrieren. Pikanterweise ist Justin Sun mittlerweile aber schon wieder hochaktiv bei Twitter – nur zu dem, was da in China wirklich los war, äußert er sich bisher nicht. Peking hatte mehrfach geprüft, Kryptowährungen zu verbieten und zuletzt überlegt, zumindest das energieaufwendige Mining von Bitcoin und Co. zu stoppen.
Wird Justin Sun für TRON zum Risiko?
Wenn Du die Situation in Ruhe analysierst, erkennst Du: Ganz gleich, wie die Geschichte mit Justin Sun und China ausgeht – die Befürchtung, Justin Sun habe etwas zu verbergen und könne möglicherweise nicht mehr frei reisen, hat TRON geschadet. Wie Vitalik Buterin das Gesicht von Ethereum (ETH) ist oder der für Affären bekannte Craig Wright untrennbar mit Bitcoin SV (BSV) verbunden ist, steht Justin Sun eben für TRON und damit nicht nur für TRX, sondern neuerdings auch für den BitTorrent Token (BTT). Solche Konstellationen tragen einerseits zwar die Chance, durch Personalität Vertrauen zu schaffen, aber anderseits eben auch automatisch das Risiko, zur Belastung für Projekte zu werden. Bei Bitcoin (BTC) ist Satoshi Nakamoto diesem Problem mit selbst gewählter Anonymität aus dem Weg gegangen. Justin Sun muss sich darauf gefasst machen, dass Anleger noch genauer als bisher beobachten, wie er sich öffentlich verhält. Es scheint derzeit schwer vorstellbar, Justin Sun könne die China-Affäre einfach schweigend aussitzen.
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