Ethereum (ETH) ist nach Bitcoin (BTC) unbestritten die zweitwichtigste Kryptowährung weltweit. Lohnt sich jetzt, wo Bitcoin ein Allzeithoch nach dem anderen erreicht, auch ein Investment in Ethereum?
In der Nacht zum Freitag knackte Bitcoin (BTC) kurzzeitig die magische Marke von 40.000 US-Dollar und vermerkt damit ein neues Allzeithoch (All-Time-High, ATH) in seiner Historie. Etwas im Schatten dieser Erfolgsgeschichte steht Ethereum (ETH), auf dem globalen Kryptomarkt in Sachen Kapitalisierung und Bedeutung weitgehend konkurrenzlos die Nummer Zwei hinter Bitcoin. So fragen sich Anleger: Macht es Sinn, Investments in Kryptowährungen auch auf Ethereum auszuweiten oder sollte man sich auf Bitcoin beschränken? Wir erklären wichtige aktuelle Argumente in dieser Diskussion:
- Ethereum war nie als direkte Konkurrenz zu Bitcoin konzipiert. ETH-Erfinder Vitalik Buterin hat Ethereum vielmehr seit 2014 als Kryptowährung dafür gedacht, in einem eigenen Ökosystem als Geldersatz zu etablieren. Ethereum etwa erlaubt in seiner Blockchain, Smart Contracts abzuschließen, also automatisiert und zwingend Verträge abzuwickeln. Diese Funktion kommt auch dann zum Einsatz, wenn Ethereum in sogenannten DApps genutzt wird, Online-Anwendungen von Pokerspiel bis hin zu dezentralisierten Kryptobörsen. Bitcoin unterstützt in seiner Blockchain weder Smart Contracts noch DApps direkt.
- Derzeit richtet sich die öffentliche Aufmerksamkeit größtenteils auf Bitcoin. Dies ist durch Höchstpreise zu erklären und diese wiederum ergeben sich daraus, dass Bitcoin mehr und mehr von Institutionen und Großunternehmen als Wertspeicher verstanden wird. Mit Bitcoin als “digitalem Gold” lassen sich Vermögen inflationssicher verwahren, lautet die Motivation für das Umschichten von Geldreserven in BTC. Die Anwendungsfälle und Verwendungszwecke von Ethereum sind komplexer und eignen sich daher bisher auch nicht so gut für die Darstellung für ein Massenpublikum. In der Kryptoszene aber füllen Fachleute das Ökosystem von Ethereum mit immer neuen Ideen und zementieren so den Status von ETH als gewichtiger Alternative oder Ergänzung zu BTC.
- Im vergangenen Jahr ist in der Kryptobranche die Sparte DeFi den Kinderschuhen entwachsen. DeFi steht für Decentralized Finances und dahinter verbirgt sich das Konzept, Finanzgeschäfte manipulationssicher ohne Mittelsmann abzuwickeln. So spart DeFi Gebühren und Zeit im Vergleich zu den Abläufen in der klassischen Finanzwelt. Weil Ethereum sich mit seinen Smart Contracts und großer Marktkapitalisierung bestens für DeFi eignet, basieren bekannte DeFi Projekte wie Uniswap normalerweise auf ETH und verwandten ERC-20-Token. Auf dieser Situation baut der Optimismus auf, der Ethereum eine blühende Zukunft mitsamt deutlicher Wertsteigerung prognostiziert.
- Aber es hat auch nachvollziehbare Gründe, warum Ethereum und DeFi noch lange nicht so im Mainstream angekommen sind wie Bitcoin mit seinem klar umrissenen Zweck als Wertspeicher. Als 2020 Umsätze und hinterlegtes Kapital bei DeFi neue Rekordhöhen erreichten, fielen Schwachstellen unangenehm auf. Bei Projekten wie YAM oder Harvest Finance (FARM) verursachten Programmierfehler in den Smart Contracts Millionenschäden. Anleger begriffen so schmerzlich: DeFi braucht Fachwissen und erhebliches Vertrauen in die Sorgfalt von Anbietern. Rückschläge bei DeFi färben auf Ethereum ab.
- Und der DeFi Boom offenbarte auch das wohl größte Problem von Ethereum. Denn um Transaktionen mit ETH durchzuführen, müssen Gas genannte Gebühren bezahlt werden. Die bisher genutzte Blockchain von Ethereum ist nur in der Lage, bis zu 15 Transaktionen pro Sekunde abzuwickeln. Diese Kapazität reicht eigentlich nicht aus, um die sprunghaft gestiegenen Anforderungen von DeFi zu bewältigen. Infolgedessen sind die Gebühren (Gas) bei Ethereum drastisch gestiegen und liegen umgerechnet in US-Dollar teilweise im dreistelligen Bereich um einen Smart Contract auszuführen. Das Gebührensystem bei Ethereum bevorzugt Meistbietende für schnelle Freischaltung von Transaktionen – und macht viele Geschäfte in ETH deshalb für Kleinanleger weniger attraktiv.
- Aber bei Ethereum hat man diese Entwicklung durchaus vorhergesehen und deshalb bereits vor Jahren damit begonnen, eine weitgehende technologische Umstellung vorzubereiten. Die Blockchain von Ethereum soll von dem leistungsschwachen Prinzip Proof-of-Work Abschied nehmen. PoW ist auch das Protokoll in der Blockchain von Bitcoin, aber dort fällt die fehlten Skalierbarkeit weniger ins Gewicht, weil eben nur Überweisungen in BTC organisiert werden müssen und nicht zahlreiche weitere Aufgaben wie bei ETH zu bewältigen sind. Unter dem Projektnamen Ethereum 2.0 soll ETH von PoW zu Proof-of-Stake wechseln und die Blockchain dann bis zu 100.000 Transaktionen pro Sekunde verarbeiten. Damit wären dann auch wieder niedrigere Gebühren gewährleistet.
- Der offizielle Startschuss für Ethereum 2.0 fiel zum 1. Dezember 2020 und die Umstellung soll nun schrittweise abgeschlossen werden. Dieser Prozess birgt technologische Unsicherheiten und wird, selbst wenn alles gut geht, frühestens Ende 2021 ins Ziel finden. Solange muss Ethereum mit dem Minuspunkt leben, zwar von der Idee und bisherigen Entwicklung eine überzeugende Geschichte zu haben. Doch die PoW-Blockhain von ETH als Nadelöhr behindert die weitere Verbreitung von Ethereum (und DeFi) und der geplante Umbruch ist der größte Risikofaktor für ETH. Gelingt das Upgrade zu Ethereum 2.0 nicht in absehbarer Zukunft oder kommt es dabei sogar zu Sicherheitslücken, wird auch das Bild von ETH als Pionier für DeFi, Smart Contracts und DApps Risse erhalten.
Kurzanalyse Preisentwicklung bei Ethereum
Ethereum hat in dieser Woche erstmals seit Januar 2018 wieder die psychologisch wichtige Hürde von 1.000 US-Dollar pro ETH genommen. In US-Dollar gerechnet gilt für Ethereum aber weiterhin das Allzeithoch von 2018, was bei gut 1.400 US-Dollar liegt. Ein Allzeithoch kann Ethereum aktuell allerdings in Sachen Marktkapitalisierung vorweisen, hinter ETH versammeln sich mittlerweile mehr als 130 Milliarden US-Dollar.
Für ernsthafte Anleger in Kryptowährungen aber ist der US-Dollar als Vergleichswährung nur bedingt aussagekräftig. Wer genauer hinschaut, muss den Vergleich von Ethereum und anderen Altcoins in der Preisentwicklung zu Bitcoin zumindest als zweiten Maßstab miteinbeziehen. Denn Bitcoin ist nun einmal die unangefochtene Leitwährung auf dem Kryptomarkt. Bei dem Vergleich Ethereum zu Bitcoin steht ETH historisch betrachtet nicht schlecht dar: Phasenweise schlug ETH in seiner Kursentwicklung BTC. Doch den Bullenritt, den Bitcoin derzeit vorführt, kann Ethereum bislang nicht nachmachen und die Gründe dafür haben wir Dir erklärt.
Fazit: Investmentchance Ethereum mit grundsätzlichen Unterschieden zu Bitcoin
Die gute Nachricht: “Digitales Gold” wollte und will Ethereum nicht werden, den wohl aussichtslosen Wettbewerb mit Bitcoin in der Disziplin als Wertspeicher überlässt ETH anderen Kryptowährunge . Mit seinem eigenem Ökosystem und dem Wachstumsmarkt DeFi hat Ethereum ein eigenes Profil, welches die Vorzüge von Kryptowährungen in der Praxis jeden Tag demonstriert.
Die schlechte Nachricht: Die rasante Entwicklung der Kryptobranche allgemein zeigt Ethereum in seiner bisherigen Form die technologischen Grenzen auf. Die Evolution hin zu Ethereum 2.0 wird über künftigen Erfolg und nachhaltige Preisentwicklung entscheiden.
Salopp gesagt: Die Chancen stehen gut, dass Ethereum sein eigenes Feld verteidigt und durch DeFi ausbaut. Wer Anlagen in Kryptowährungen mittel- und langfristig strategisch plant, ist nicht schlecht beraten, neben Bitcoin auch Ethereum in sein Portfolio aufzunehmen. Mit diesen beiden Positionen ist das Investment tatsächlich diversifiziert und die Gewinnaussichten stehen für Ethereum und Bitcoin in längeren Zeiträumen betrachtet gut – selbst wenn kurzfristig durch eine Überhitzung des Markts Kurskorrekturen drohen.
Wer noch keine Bitcoins oder Ethereum hat kann diese hier kaufen:
Guter Artikel. Was meiner Meinung nach ein wenig fehlt, ist die Beleuchtung der Konkurrenzsituation. Mit Cardano, Tron, Neo, EOS, Tezos und anderen stehen eine Menge – mehr oder weniger starke – Mitbewerber in den Startlöchern, welche natürlich versuchen werden ETH Marktanteile abzujagen. Dort ist das Rennen – anderes als das um den besten Wertspeicher – noch lange nicht entschieden (imo). Beste Grüße, Oele