Fast immer, wenn sich die Regulierungsbehörden in den USA zur Kryptobranche äußern, wird der Howey Test erwähnt. Gemeint ist damit ein einfach gehaltenes Verfahren, mit dem ermittelt werden soll, ob es sich bei einer Anlagemöglichkeit um ein genehmigungspflichtiges Angebot handelt. Kritiker des Howey Tests fordern eine Reform.
Als der amerikanische Zitrusfarmer William John Howey um 1920 im Florida grandiose Geschäftsjahre feierte, konnte er nicht wissen, dass sein Nachname im 21. Jahrhundert geläufig ist. Was also machte Howey zu einer historischen Person und warum ist der Howey Test nach ihm benannt? Nun, Howey war nicht nur ausgebildeter Versicherungsverkäufer und passionierter Bauer, sondern auch ein gewiefter Geschäftsmann. Er kaufte Brachland für damals rund 10 US-Dollar pro Parzelle, kultivierte es und pflanzte dort Zitruspflanzen an. Diese entwickelten Parzellen verkaufte er dann wiederum an Investoren, zum Preis von jeweils 800 bis 2.000 US-Dollar. Von den Investoren pachtete Howey das Land im Normalfall gleich wieder zurück mit dem Versprechen, die Bewirtschaftung zu übernehmen und die neuen Besitzer am Gewinn zu beteiligen. Um immer wieder neue, fachfremde Anleger für seine Liegenschaften zu finden, baute Howey sogar luxuriöse Gästehäuser. Doch als die US-Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) Wind von dem Geschäftsmodell bekam, verklagte sie Howey.
Was hatte die SEC dem cleveren Geschäftsmann Howey vorzuwerfen?
Die SEC ging davon aus, dass Howey für seine Anlageangebote eine Genehmigung hätte einholen müssen. Schließlich seien die Investoren zwar durch ihren Landbesitz an einem Geschäft direkt beteiligt, hätten in der Praxis aber wenig oder gar keinen Einfluss auf die Geschäftsentwicklung. Deshalb müsse die Offerte im Grunde wie ein Wertpapier betrachtet werden, so die SEC. Es fehle demnach auch ein Börsenprospekt, der zuverlässige Kennzahlen liefere und Risiken aufzeige. Die SEC berief sich bei ihrer Argumentation auf US-Bundesgesetze von 1933, die Securities (Wertpapiere) definieren. Howey verlor den Prozess, musste Entschädigung und Strafe bezahlen. Seitdem wird in den USA der Howey Test verwendet, wenn es um die Frage geht, ob eine Anlagemöglichkeit als genehmigungspflichtiges Projekt einzustufen ist.
Der Howey Test – Härtetest für Krypto-Projekte
Fachleute übersetzen den Howey Test in der Praxis in vier einfach Fragen:
- Wird Geld investiert?
- Besteht eine Gewinnerwartung?
- Fließt das investierte Geld in ein gemeinschaftliches Unternehmen?
- Sind Dritte oder der Projektträger selbst für das Erwirtschaften von Gewinn verantwortlich?
Wenn eine oder mehrere dieser Fragen mit “Ja” zu beantworten sind, handelt es sich beim jeweiligen Projekt laut Ansicht der SEC um ein genehmigungspflichtiges Vorhaben mitsamt Dokumentationspflichten. Dahinter steckt das eigentlich löbliche Ziel der SEC, Investoren vor Anlagen zu schützen, von denen sie kaum etwas verstehen und keinen Einfluss auf das Management haben.
Übersetzt in die Welt von Kryptowährungen ergibt sich aus dem Howey Test nun insbesondere die Frage, wie mit ICOs und IEOs (Initial Exchange Offerings) umzugehen ist. Denn wenn neue Kryptowährungen gelauncht und zum Kauf angeboten werden, ist dies eine Investitionsmöglichkeit. So sieht es jedenfalls die SEC und hat bereits mehrfach ICOs nachträglich zu Geldstrafen und Entschädigungen verdonnert. Im Fall SEC vs. KIN und KIK Messenger steht ein Urteil noch aus. Andere ICOs hatten die Strafbefehle den SEC akzeptiert, seitdem halten sich ICOs aus den USA weitgehend fern.
Howey Test in der Kritik
Um der pauschalen Einstufung als Security Token zu entgehen mit entsprechender Genehmigungspflicht nach Howey Test, setzen Krypto-Projekte auf den Begriff der Utility Token. Diese Token würden zwar für Geld verkauft, aber ohne direkte Gewinnabsicht, sondern mit dem Zweck, Leistungen wie Games oder Datenspeicher zu erwerben. Zudem könnten die Käufer solcher Token frei entscheiden, was sie mit ihren erworbenen Token tun. Drittens verantworte der Herausgeber der Token kein gemeinschaftliches Unternehmen – im Gegenteil, die Dezentralisierung von Kryptowährungen entbinde ihn von jeder Verantwortung. Die SEC folgt dieser Argumentation bislang aber nicht und hat sich auch wenig beeindruckt gezeigt von Forderungen, den Howey Test den neuen Gegebenheiten anzupassen. So ist es wenig überraschend dass die SEC und ihr Festhalten am klassischen Howey Test in Bezug auf Kryptowährungen von vielen Krypto-Projekten als “innovationsfeindlich” kritisiert werden. Immerhin ist es der Howey Test, der sie vom US-Markt fernhält. Prinzipiell werden die Fragen des Howey Tests übrigens auch in der EU und anderen Ländern miteinbezogen bei der Entscheidung: Wertpapier – Ja oder nein?
Fazit: Der Howey Test ist für Anleger Fluch und Segen zugleich
Wäre bei ICOs in den Boomjahren schon im Vorfeld der Howey Test konsequent angewendet worden, wären zumindest in den USA viele Token nie gestartet. Dabei ist es aber nicht nur die aufwendige und teure Dokumentationspflicht mit Börsenprospekt, die zum Stopp von Projekten geführt und die ICO-Blase verhindert hätte. Sondern viele Investoren wären wohl einfach abgesprungen, wenn Risiken einer neuen Kryptowährung klarer dargelegt würden. Andererseits wären Bitcoin, Ethereum und Co. mit blindem Gehorsam zum Howey Test nicht dort, wo sie jetzt sind. An Konflikten mit den großen, kapitalstarken Kryptowährungen hat sich die SEC bisher weitgehend herausgehalten. Es ist eine Gratwanderung zwischen Investorenschutz und Fortschritt im Finanzmarkt, den die SEC zu bewältigen hat. Der Howey Test bleibt dabei bis jetzt die Messlatte, an der sich die wachsende Kryptobranche in den USA und darüber hinaus orientieren muss – ob sie nun will oder nicht.
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